Technologien künstlicher Intelligenz (KI) können Unternehmen große Chancen für neue technische Anwendungen, digitale Geschäftsmodelle und praktische Erleichterungen im Alltagsleben eröffnen und besitzen ein disruptives Potenzial, denn die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anwendungsmöglichkeiten sind weitreichend. So ergeben sich facettenreiche Anknüpfungspunkte entlang der Wertschöpfungskette und viele erwarten sogar, dass die Zahl der KI-Anwendungen in den nächsten Jahren noch exponentiell wachsen wird. Experten gehen davon aus, dass Künstliche Intelligenz in signifikantem Umfang das weltweite Wirtschaftswachstum positiv beeinflussen wird.
Basis dieses schnellen Wachstums ist die Menge verfügbarer und verknüpfbarer Daten, einer höheren Vernetzung und einer immer besseren Rechenleistung, die einen größeren Grad an Automatisierung und Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen erlauben. Das macht Hoffnung, dass hier auch hohe Potenziale für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klima, Mobilität und Gesundheit liegen. Eine in Deutschland durchgeführte Befragung von Führungskräften hat zum Beispiel ergeben, dass eine Mehrheit der Unternehmen KI als wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit und den Fortbestand des Unternehmens einstufen. Dennoch: Oftmals wird KI als so weitreichend empfunden, dass deren Implementierung eine große Hürde darstellt.
Den größten Vorteil sehen Experten derzeit in der Möglichkeit, Automatisierung mit KI-Tools weiter zu unterstützen. Das macht sie zur idealen Ergänzung für ERP-Systeme, deren Kernaufgabe ja ist, die Effektivität und Effizienz des Unternehmens zu steigern. Eine große Chance gerade in diesem Bereich ist, dass es nicht immer direkt revolutionäre Technologien sein müssen, die Unternehmen in ihr Geschäft integrieren. Zu empfehlen ist stattdessen eher ein schrittweises Vorgehen: Mit sogenannten Use Cases werden erste Erfahrungen gesammelt – beispielsweise, wie gut die Integration von KI in das bestehende Unternehmenssystem gelingt – und so erste Erfolgsfälle geschaffen. Damit werden zuerst bestimmte Prozesse oder Teilprozesse mit KI-Technologien angereichert und Mitarbeiter in ihrer Arbeit unterstützt – bestenfalls um ihnen Freiraum für profitablere Aufgaben zu verschaffen und um ihr Knowhow zielgerichteter einzusetzen.
Hohe Optimierungspotenziale hinsichtlich des Ressourceneinsatzes sind schließlich oft der ausschlaggebende Grund für Unternehmen, KI einzusetzen. Diese betreffen zum Beispiel die zeitlichen Kapazitäten der Mitarbeiter. Ein weiteres Beispiel ist die Materialplanung, die mit KI dynamischer, agiler und standortübergreifend auf Basis von saisonalen Aspekten oder Nachfrageschwankungen weiter optimiert werden kann. Weitere Prozesse entlang der Wertschöpfungskette wie Reihenfolgenberechnungen von Aufträgen, die Optimierung von Lieferterminen und Materialeinsatz oder Logistikplanung sind ebenfalls denkbar, denn ein weiteres Plus von KI ist, dass sie die Entscheidungsfindung unterstützt. Zusammenhänge zwischen Daten werden automatisch erschlossen und damit eine fundierte Entscheidungsgrundlage geschaffen, was dazu führt, das ERP-Systeme weiter zu einer intelligenten integrierten Unternehmenslösung werden.
KI hat somit durchaus das Potenzial, die Fähigkeiten des Menschen zu erweitern und damit zu helfen, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Neben diesen Möglichkeiten stehen aber eben auch noch viele Unsicherheiten:
Ein zentraler Punkt ist die Sorge darum, inwieweit ethische Grundsätze gewahrt bleiben. Je nach verwendeter Datenbasis besteht die Möglichkeit, dass auch KI-Anwendungen diskriminierende Entscheidungen treffen. Nämlich dann, wenn die Trainigsdaten bei Machine Learning nicht entsprechend aufbereitet wurden. Dann kann eine Handlungsempfehlung vom Werteverständnis komplett abweichen – Bias genannt. Als Beispiel könnten in einem Bewerberverfahren dann etwa nur männliche Personen zwischen 25 und 35 in Betracht gezogen werden, weil aus den historischen Daten hier die höchste Effizienz abgeleitet wird.
Aber auch die Manipulierbarkeit – die sogenannte Robustheit von Modellen, die auf KI-Technologien beruhen – ist ein zentraler Faktor, der immer wieder Angst und Misstrauen aufkommen lässt.
Nicht zuletzt spielt auch das Thema Datenschutzgrundverordnung natürlich eine wesentliche Rolle, da durch Machine Learning neue Methoden zur Verknüpfung von Daten entstehen und so durch KI-Anwendungen Daten zusammengeführt werden, die bislang nicht verknüpft waren. Durch dieses sogenannte „data linkage“ steigt das Risiko, dass etwa Personen oder Unternehmen identifiziert werden können.
Ein wichtiger Punkt auf der Agenda der Implementierung ist demnach, diese Unsicherheiten zu beantworten. Wird transparent gemacht, wie die Anforderungen an KI-Systeme, nämlich Fairness, Interpretierbarkeit, Robustheit und Sicherheit, Governance und ethische Fragestellungen umsetzt werden, ist bereits eine erste große Hürde hinsichtlich der Akzeptanz für den Einsatz KI-gesteuerter Lösungen im Unternehmen genommen. Denn faires Verhalten der KI-Anwendung gegenüber allen Beteiligten, zum Beispiel die Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer, eine verständliche, verlässliche und sichere Funktionsweise, sowie der Schutz sensibler Daten stärken das Vertrauen in die KI-Anwendung.
Und auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat seit Frühjahr 2020 mit dem Projekt „KI-Observatorium“ den Fokus darauf gelegt, wie „verantwortlicher Einsatz von KI in Arbeitswelt und Gesellschaft gemäß den Zielen der KI-Strategie der Bundesregierung gelingt.“ Dies soll Hilfestellung geben und Akteure im Umgang mit Künstlicher Intelligenz befähigen und bestärken.
Damit wird die Aufgabe für Unternehmen klarer, wenn es um die nächsten Schritte der betrieblichen digitalen Transformation geht. Es geht nicht darum, digitale Innovationen um der Innovation Willen im Unternehmen zu implementieren. Auch ist es kein abzuhakender Punkt auf der nächsten Tagesordnung. Vielmehr geht es darum den technischen Fortschritt sinnvoll für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu nutzen – Potenziale gibt es schier unendlich. Die relevanten Optionen entsprechend der Unternehmensvision und -mission herauszufiltern, ist die entscheidende Aufgabe.
Und da die Integration dieser Technologien in Unternehmensprozesse gerade erst am Anfang steht, gilt es nach geeigneten Einsatzmöglichkeiten Ausschau zu halten und sich den Möglichkeiten und Chancen zu öffnen.